Juli 2023, Universität Innsbruck, Österreich
Die WingsforLife Edition: Ein Foto, dass es so noch nicht gegeben hat
Für den Fotografen Thomas Griesbeck ging es auf über vier Meter Tiefe.
Juli 2023 – Universität Innsbruck: Es ist früh. Sonntagmorgens, 6 Uhr in Innsbruck. Ein aufregender Tag steht mir und dem zehnköpfigen Projekt-Team bevor, auf den wir uns in den letzten drei Monaten sorgfältig vorbereitet haben.
Das Ziel: ein Foto zu erstellen, das einer der Aufmacherfotos für das Kunstprojekt Auf den zweiten Blick in Kooperation mit der gemeinnützigen Stiftung Wings for Life an der Universität Innsbruck. Über 30 Stunden Planung, logistisches Perfektionieren des Ablaufs und drei verschiedene Trainingseinheiten mit der Firma Tauchen Spezial Basis Innsbruck liegen hinter uns, alles mit dem Ziel, ein Foto aufzunehmen, dass es noch nie zuvor gab. Ich habe das perfekte Foto schon über ein halbes Jahr in meinem Kopf und jetzt ist es endlich so weit!
Die Vision: schwerelos unter Wasser
Es soll ein Foto entstehen, auf dem alle drei Protagonisten, die im Alltag auf ihren Rollstuhl angewiesen sind, schwerelos, leicht und losgelöst, wie Astronauten im Weltall wirken – ohne ihren Rollstuhl. Um das zu ermöglichen, wird das Shooting für die Wings for Life-Sonderedition unter Wasser stattfinden. Die Stiftung für Rückenmarksforschung, hat es sich seit 2004 zum Ziel gemacht hat, durch Forschung eine Heilung für Querschnittslähmungen zu entwickeln. Mit dem ehemaligen österreichischen Skispringer Lukas Müller, Managing Director seiner eigenen Sport- und Marketing Agentur und ehemaliger BMX- und Mountainbike Freeride-Profi Tarek Rasouli sowie die liebevolle Mutter Julia Macchietto, haben wir die Wings for Life Botschafterin als Protagonisten für das Projekt dabei.
Um 9 Uhr starteten wir in einen abenteuerlichen Tag, der für uns alle wohl unvergesslich bleiben wird. Jedes Teammitglied war auf seine eigene Art nervös und aufgeregt, was dem gesamten Projekt eine besondere Energie verlieh, die alle motivierte.
Die erste Herausforderung wartete direkt auf uns, als wir das Fahrrad von Tarek befestigen wollten, um es unter Wasser so aussehen zu lassen, als würde er über den Rollstuhl springen. Aber mit zwei spezifischen Trainingseinheiten vorab gelang es dem perfekt harmonierenden Team, diese Herausforderung zu meistern – und das Endergebnis kann sich sehen lassen!
Ein Foto, das es noch nie gab
Noch nie hat jemand ein solches Unterwasser-Szenario umgesetzt. Uns war klar, dass sich die Kommunikation aufgrund der Shooting-Location Unterwasser äußerst schwierig gestalten wird, aber genau darauf hat sich das Team in den Monaten davor vorbereitet. Alle wussten: Das Timing muss auch trotz eingeschränkter Möglichkeiten und mit einem Minimum an Kommunikation sitzen.
Sowohl das Team als auch Lukas, Julia und Tarek haben mich zutiefst beeindruckt. Sie haben ihr Leben komplett dem Team anvertraut, das alles gegeben hat, um ihre maximale Sicherheit zu gewährleisten. Besonders eine kritische Situation ungefähr zwei Stunden nachdem wir mit dem Shooting begonnen haben,
hat uns als gesamtes Team auf die Probe gestellt, denn aufgrund eines Kommunikationsmissverständnisses unter Wasser, hätte das Shooting eine fatale Wendung nehmen können. Aber das Team konnte die Situation dank der grundlegenden Vorbereitung überwinden. Dennoch waren für einige Minuten einige aus dem Team unter Schock, glücklicherweise konnte ich die Zeit nutzen um weitere Fotos von Lukas Müller umzusetzen.
Mit diesem einzigartigen Teamzusammenhalt und besonders dem Engagement der Protagonisten ist es kein Wunder, dass wir das Ziel erreicht und beeindruckende Ergebnisse entstanden sind, auf die wir wirklich stolz sind. Als Fotograf freute ich mich besonders, ein Foto eingefangen zu haben, das so noch nicht existiert. Obwohl der Perfektionist in mir nicht 100 % mit dem Endergebnis zufrieden ist, weiß ich, dass das gesamte Potenzial des Fotos noch nicht ausgeschöpft ist. Unter Wasser gibt es noch unendlich viele Möglichkeiten, kreative Ideen umzusetzen, und meine Motivation für kommende Projekte ist nahezu grenzenlos.
Und das Fazit?
Nach diesem ersten erfolgreichen Auftakt bin ich noch motivierter für zukünftige Fotoshootings und das gesamte Projekt, das ab dem 22. September als Premiere in Kitzbühel gezeigt wird. Mit diesem Projekt und meiner Arbeit möchte ich die Menschen nicht nur beeindrucken, sondern auch inspirieren, wie viel mit wenig Aufwand möglich ist. Denn auch Rollstuhlfahrer können scheinbar fliegen.
Auf den zweiten Blick ist ein Projekt mit dem Ziel, Tabuthemen auf künstlerische Art und Weise sichtbar zu machen und Menschen mit inspirierenden Geschichten der Protagonist*innen sowie positiven Provokationen zum Umdenken anzuregen. Mehr Informationen zum Projekt unter https://www.aufdenzweitenblick.com/
Text: Hannah Clauss
Fotos: Thomas Kreuzer