September 2022, Südtirol, Italien
Ein nachhaltiges Outdoor-Adventure-Ladies-Weekend
Eine Fotodokumentation für Salomon mit den Outdoor-Botschafterinnen Christina Döderer und
Simone Sperl
Der gefrorene Boden knirscht bei jedem Schritt unter unseren Wanderschuhen, die an diesem Wochenende nicht nur das übliche Körpergewicht, sondern auch einen prall gefüllten Rucksack für unsere mehrtägige Bergtour tragen.
Vom vereisten Weg ausgehend, erheben sich rechts und links neben den sich bereits verfärbenden Wiesenflächen die Dolomiten in beeindruckenden Formationen, die schon um die Mittagszeit von einer goldig warmen Lichtstimmung erleuchtet werden.
Bereits kurz nach dem Start beim Grödner Joch realisieren wir den Grund für dieses tolle Naturschauspiel, denn unsere Tour fällt auf einen ganz besonderen Termin – es ist Herbstbeginn, somit Tag- und Nachtgleiche. Die Sonne, die sich an diesem Tag für ganze 12 Stunden noch von ihrer schönsten Seite zeigt, will den Sommer mit voller Kraft nochmals hochleben lassen.
Jeder Sonnenstrahl wird von uns abgespeichert, da die nächsten Tage laut Vorhersage den Herbst gebührend mit Nebel, Regen und Schnee begrüßen werden. Unsere Wiedersehensfreude kann durch diese Aussicht auf Schlechtwetter allerdings nicht gebremst werden, denn es gibt viel zu erzählen von den vergangenen Bergtouren und Reisen der letzten Monate, sodass es munter schnatternd weiter nach oben geht. Die entspannte Atmosphäre ist auch sicherlich unserer Art der Anreise zu verdanken.
Anstatt selbst am Steuer zu sitzen, hat sich Christina einer Fahrgemeinschaft angeschlossen, während ich, Simone mit dem Zug anreiste. Die letzten Meter hoch zu unserem Ausgangspunkt der Wanderung legten wir mit dem Bus zurück.
So waren wir nicht nur möglichst nachhaltig unterwegs, sondern hatten auch noch Zeit für letzte Vorbereitungen und jede Menge Vorfreude. Auf halben Weg zur Pisciaduhütte, unserem ersten Tagesziel, wird die Tour anspruchsvoller.
Der steinige Weg weicht nun steilen Felsenserpentinen mit Seilversicherungen, etwas entfernt sind spannende Eisformationen zu bewundern. Fokussiert geht es nach oben, wo uns am Plateau angekommen ein atemberaubender Ausblick über die umliegende Landschaft erwartet. Zielgerichtet setzen wir unseren Weg fort zur Hütte, die sich erst auf den letzten Metern, gelegen in einer kleinen Senke, zu erkennen gibt.
Der kristallklare Bergsee, der die verbleibenden Sonnenstrahlen spiegelt, ist gezeichnet von der Trockenheit des Sommers. Mit Blick auf diese beeindruckende Kulisse genießen wir nun erstmal den verdienten Gipfelradler.
Auch ein hausgemachter Apfelstrudel darf nicht fehlen, während wir auf unsere Kollegin Ramona Arendt warten, die aufgrund einer beruflichen Verpflichtung Bescheid gegeben hatte, später nachzukommen und alleine zur Hütte aufzusteigen.
Nachdem der Abend bereits angebrochen war, erreicht uns plötzlich ein Anruf. Ramona berichtet uns betroffen von einem Felssturz und schwierigen, sehr eisigen Bedingungen am Weg zur Hütte. Wir beraten uns eigene Zeit, bevor Ramona schweren Herzens zu dem Entschluss kommt, aus Sicherheitsgründen die Tour an dieser Stelle bereits abzubrechen und umzudrehen. Der Hüttenwirt bestätigt uns, dass aufgrund der immer schwerer werdenden Unwetter und Regenfälle in den letzten Jahren das poröse Dolomit-Gestein stets besonders viel Wasser aufnimmt und schlussendlich in Muren abgehen kann. Die Spuren davon waren auf dem Weg nach oben deutlich zu erkennen, manche Wege sind daher aktuell sogar komplett gesperrt. Manchmal ist es daher einfach besser, umzudrehen, auch wenn die Entscheidung nicht leichtfällt. Und so verbringen Christina und ich gemeinsam mit unserem Fotografen Jack, der die schönsten Momente der Tour gekonnt festhält, einen gemütlichen Abend auf der Hütte und stärken uns für den morgigen Tag.
Tag 2 – Piz Boe 3.152m
Der Vorteil einer Hüttenübernachtung ist, dass beim abendlichen Beisammensitzen jede Menge Raum für Austausch und neue Ideen herrscht, was oft während dem Aufstieg zu kurz kommt. So eine mehrtägige Tour schweißt also definitiv zusammen! Auch die Gelegenheit, mit den Hüttenbesitzern zu quatschen, gerade jetzt, wo es in der Nebensaison bereits ruhiger wird, ist immer aufschlussreich. Unser persönliches Highlight ist allerdings, dass man sowohl den Sonnenuntergang als auch den Sonnenaufgang sehen kann!
Der zweite Tag unserer Tour hält jedoch, was uns die Wettervorhersage bereits versprochen hatte: viel Nebel und kaum Sicht – daher bleibt uns der Sonnenaufgang diesmal verwehrt. Nach dem Frühstück auf der Hütte studieren wir erneut unsere geplante Tour, um sicherzugehen, dass wir diese ohne Bedenken durchführen können und entscheiden uns für eine leichtere Aufstiegsvariante auf den 3.152m hohen Piz Boe, da es zum Glück bis zum Nachmittag trocken bleiben soll.
Bei winterlichen Verhältnissen starten wir die Wanderung. Die Kälte als auch die absolute Stille lassen die Gedanken ruhig werden, das Gehen durch die Nebelschwaden wirkt fast meditativ. Fokussiert suchen wir uns von Markierung zu Markierung, um nicht vom Weg abzukommen. Die Strecke ist abwechslungsreich, von Wegen über Berge von Geröll bis hin zu leichten, seilversicherten Klettereien ist alles dabei – Mutprobe inklusive. Besonders der Grat am Ende der Tour ist landschaftlich sogar bei schlechter Sicht sehr eindrucksvoll, der Ausblick auf die Capanna Piz Fassa, eine der höchstgelegenen Hütten der Dolomiten, sowie das bunt behangene Gipfelkreuz bezeugen, dass wir diesen Aufstieg nun geschafft haben.
Eingekehrt in der Hütte, die auch unser heutiger Nächtigungsplatz sein sollte, merken wir, dass uns das Wetter am Nachmittag sowie auch am folgenden Tag durch fetige Winde, Schneefall und Gewitterwarnungen eine Fortsetzung der Tour unmöglich machen wird. Etwas enttäuscht entscheiden wir uns deshalb dafür, die Tour bereits einen Tag früher als geplant abzubrechen, und zum Passo Pordoi abzusteigen. Die Entscheidung war gut, denn angekommen im Tal, empfängt uns bereits strömender Regen. Nach einem Espresso in der angrenzenden Bar hüpfen wir in den nächsten Bus, der uns wieder zurück zu unserem Ausgangspunkt bringt. Wir können einstweilen entspannen und uns wieder aufwärmen. Wer hätte das gedacht, dass nachhaltig reisen so komfortabel sein kann – es erfordert nur etwas Planung und zahlt sich definitiv aus.
Text: Simone Sperl
Fotos: JACKSCORNER Thomas Griesbeck